„Welt der DDR“ kommt am Samstag unter den Hammer

Welt der DDR
Stefan Günther wird als Auktionator am 8. Juli die "Welt der DDR" unter den Hammer nehmen. Fotos: Pönisch

Das DDR-Museum im Simmel-Hochhaus am Albertplatz ist seit 1. Juni 2023 Geschichte. Jetzt kommen am 8. Juli alle Exponate unter den Hammer, versteigert vom Dresdner Auktionator Stefan Günther.

Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten: Vom Fön bis zur Kittelschürze, vom Campingzelt bis zum Trabi, von der Schrankwand bis zur NVA-Kleiderkammer, vom komplett eingerichteten Frisörsalon bis zum Arztzimmer – alles muss raus. Die Reste der DDR werden am Samstag zu Euros gemacht.

Tausende Einzelstücke hat Auktionator Stefan Günther, Inhaber des traditionellen Dresdner Auktionshauses, dafür in 949 Losnummern – auch Konvolute genannt – zusammengefasst. Darunter eine komplett eingerichtete Konsum-Verkaufsstelle, die es angesichts der zusammengetragenen Warenfülle so zu DDR-Zeiten wohl nie gegeben haben dürfte. Aber auch die typischen Gerätschaften einer Turnhalle aus den 1980-er Jahren samt Turnanzug, Trainingsjacke und Medaillen sind im Angebot. Außerdem hunderte Bücher und 400 Schallplatten nebst historischer DDR-Unterhaltungselektronik. „Das Mindestgebot für jedes Konvolut beträgt 10 Euro“, sagt Stefan Günther. Die höchsten Gebote erwartet der Versteigerungsfachmann für die alten Fahrzeuge, darunter zwei Trabis und Wartburg, einen Lada und einen Saporoshez. „Da kommen pro Fahrzeug sicher zwei- bis dreitausend Euro zusammen.“

Wie läuft die Versteigerung ab?

Die Versteigerung läuft am 8. Juli von 10 bis 18 Uhr im DDR-Museum im Simmel-Center am Albertplatz (100 Sitz- und weitere 150 Stehplätze). Angebote können aber auch vorab an das Auktionshaus per Mail abgegeben werden oder durch Live-Mitbieten am Auktionstag. Zunächst wird in Fünf-Euro-Schritten geboten, ab einem Gebot von 500 Euro sind es dann jeweils 50 Euro. Die ersteigerte Ware muss vor Ort bezahlt und zwischen 10. und 12. Juli im Simmel-Center abgeholt werden.

Erste Interessenten haben ihre Onlineteilnahme für den Samstag übrigens schon signalisiert und sich angemeldet. „Selbst aus Belgien gibt es Kaufinteresse“, verrät Günther.

Welt der DDR

Eine besondere Auktion für den Auktionator

Für Stefan Günther ist die Versteigerung der „Welt der DDR“ eine sehr spezielle Auktion. „Wir kümmern uns ja sonst eher um hochwertige Kunst und Antiquitäten. Das hier ist etwas ganz anderes“, freut sich Stefan Günther.

Der 66-Jährige, der in Dresden aufgewachsen ist, hat indes keinen persönlichen Favoriten unter den rund 75.000 Exponaten. Er verrät aber, wofür sich bisher die meisten Menschen vorab interessieren. „Es ist ein großer Raumteiler mit farbigen Glaseinsätzen, der in einem Betrieb gestanden hat.“

Warum die „Welt der DDR“ geschlossen wurde

2016 hatte der bayrische Lebensmitteleinzelhändler Peter Simmel das DDR-Museum Zeitreise aus Radebeul für 50.000 Euro gekauft und vor der Auflösung infolge einer Insolvenz gerettet. Auf 1.500 Quadratmetern Fläche baute er 2017 die „Welt der DDR“ im ehemaligen DVB-Hochhaus am Albertplatz wieder auf. Doch die pro Jahr anvisierten Besucherzahlen von 100.000 konnten nicht erreicht werden. Zuletzt kamen gerade noch um die 8.000 Besucher. „Schüler laufen gelangweilt durch die Säle, die Alten sterben und Touristen schätzen diese Devotionalien des 20. Jahrhunderts nicht“, so das Fazit von Simmel in diesem Frühjahr.

Aufgebaut hat die umfangreiche Sammlung übrigens Joachim Stephan. Mit über 60.000 Exponaten eröffnete er 2006 das privat betriebene DDR-Zeitreisemuseum in Radebeul. Sogar Tom Hanks fand den Weg hierher und freute sich riesig über die Schreibmaschine „Erika“, die er hier geschenkt bekam. Doch auch Stephan hatte ab 2015 mit sinkenden Besucherzahlen zu kämpfen. Einer Mietminderung wollte der neue Eigentümer der Immobilie, eine wohlhabende Familie aus Spanien, nicht zustimmen. Als sich 212.000 Euro Schulden angehäuft hatten, musste Stephan Insolvenz anmelden. Die Gründung eines Trägervereins oder einer Stiftung hatte nicht geklappt. 2016 verkaufte der Museumsgründer seine umfangreiche und wissenschaftlich begleitete Sammlung schließlich an Peter Simmel.

Hier geht’s zum Auktionskatalog

3 Kommentare

    • Hallo Stefan, dann klickt doch einfach auf den roten Hinweis „Hier geht’s zum Auktionskatalog“ am Ende des Textes – schon hast du ihn :=)

  1. Schade, dass das Museum schließen muss und Arbeitsplätze verloren gehen. Bezüglich der ewigen DDR nostalgia/Ostalgie: ich bin selber in der DDR groß geworden. Jedoch bin ich froh, dass alles so gekommen ist wie es jetzt ist und ja, ich weiß dass einige Leute auf der Strecke geblieben sind und sich angehängt fühlen und nicht klar kommen. Das ist natürlich traurig. Gleichzeitig sehe ich aber auch, dass es dem Großteil der Ex DDR Bürger besser geht. Man kann kaufen was man will, weil es alles gibt. Man kann reisen, wenn man es sich leisten kann. Und genau das ist der Punkt: man muss etwas tun für sein Geld! Für seinen Luxus, für sein Leben! Niemand kommt und nimmt dich an der Hand und sagt dir was du zu tun hast! Ich weiß, das ist eine heftige Umstellung für Menschen, die den Großteil ihres Lebens in der DDR sozialisiert wurden. Wenn man mal das ganze melancholische Gedöns vernachlässigt, kann man eigentlich nur zu der Erkenntnis kommen, dass es jetzt besser als das ominöse Früher ist! Möge der Shitdtorm beginnen! Grüße aus Bayern von einem im Osten aufgewachsenen Ossi!

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