Großer Schlosshof und seine Sgraffiti: Ein einziges Loblied auf Kurfürst Moritz

Großer Schlosshof Residenzschloss
Foto Pönisch

Der Große Schlosshof des Dresdner Residenzschlosses ist eine wahre Pracht geworden. Die Sgraffiti sind ein einziges Loblied auf Kurfürst Moritz.

Wer Sachsen mit Barock und August dem Starken verbindet, liegt erst einmal nicht falsch. August hat hier breite Spuren und eindrucksvolle Geschichte(n) hinterlassen. Er hat Sachsen zu jener glanzvollen Pracht verholfen, die noch heute Millionen Menschen aus aller Welt anzieht. Doch war er auch der Größte unter den Wettinern? „Nein“, sagt Stadtführer Christoph Pötzsch. „Die absolute Lichtgestalt der Sachsen war im Prinzip Kurfürst Moritz.“


„Die Sgraffiti im Großen Schlosshof sind eine Huldigung an Moritz“

Wer in diesen Tagen den Großen Schlosshof betritt, hält vermutlich erst einmal den Atem an, so überwältigend ist der Anblick. Da ist die prachtvolle viergeschossige Loggia (Altan) mit ihren farbigen Bildern, die Inhalte aus dem Alten und Neuen Testament zeigen. Und da sind die Wände drumherum, voller Geschichten aus der römischen Antike, zum Teil aus der griechischen Mythologie und natürlich aus der Bibel. Aufgebracht als sogenannte Sgraffiti-Technik, bei der erst eine dunkle, dann eine helle Putzschicht aufgetragen und danach das jeweilige Motiv eingekratzt wird.

Doch was erzählen uns diese prachtvollen Bilder eigentlich? „Alles, was Sie hier sehen, ist eine einzige Huldigung an Kurfürst Moritz“, erklärt Stadtführer Pötzsch. „Hier werden seine Eigenschaften gepriesen, es geht um Mut und Tapferkeit, Klugheit, Opferbereitschaft und Ehre.“ Die Bedeutung von Moritz, der 1521 geboren wurde und 1553 mit nur 32 Jahren starb, zeige sich schon in der umlaufenden Schrift. „Moritz, durch Gottes Gnade Herzog von Sachsen, des Heiligen Römischen Reiches Erzmarschall und Kurfürst, Landgraf von Thüringen, Markgraf von Meißen, Burggraf von Magdeburg“ steht da auf Latein.

Dieser Moritz, übrigens ein Ur-Ur-Onkel unseres legendären August des Starken, pendelte im 16. Jahrhundert raffiniert zwischen Treue zum katholischen Kaiser und protestantischer Glaubenstreue. „Er holte die Kurwürde nach Sachsen, er war schlichtweg eine Führungsfigur im Reich. Und er war es, der Sachsen zur Führungsmacht des Protestantismus machte“, erklärt Christoph Pötzsch. Ihm, das sei nur am Rande erwähnt, verdanken wir heute auch Schloss Moritzburg und das Landesgymnasium St. Afra in Meißen. Und natürlich nicht zuletzt Umbau und Vergrößerung des Schlosses zu einem der prachtvollsten Renaissanceschlösser weltweit.

Zurück zu den Sgraffiti. „Diese Wandmalerei war ab Mitte des 16. Jahrhunderts der absolute Kracher“, weiß der Stadtführer. Allerdings nur bis in die späte Mitte der Barockzeit, die ab 1600 begann und um 1770 endete. „Als Sgraffiti aus der Mode kamen, übermalte man die Bilder einfach oder sie verfielen.“ Und so ist heute nicht belegbar, ob der Opfertod des Marcus Curtius, der Verzicht des Scipio Afrikanus oder der Raub der Sabinerinnen tatsächlich genau an diesen Stellen den Großen Schlosshof zierten, wo sie heute zu finden sind. Ob Cleopatra mit Schlange tatsächlich an der Westwand eingekratzt war. Wo genau Herkules zwischen Voluptas und Virtue steht und seinen Blick über das Vergnügen (Voluptas) schweifen lässt anstatt über die Tugend (Virtue). Oder ob Mose, Josua und David an der Südwand zu finden waren. Fakt ist, dass nicht nur der Große Schlosshof voll war mit diesen „Comics“ der Geschichte, sondern auch die komplette Außenfassade. Leider waren diese Sgraffiti nicht archiviert, so dass es für die Restauratoren keine unmittelbaren Vorlagen gab. „Sie konnten nur auf einige zeitgenössische Gemälde und Stiche zurückgreifen, auf denen zufällig Sgraffiti zu sehen waren.“ Mit diesem Wissen im Hinterkopf macht der Anblick der Wände im Großen Schlosshof doppelt sprachlos.

Großer Schlosshof Residenzschloss
Der viereschossige Altan (Loggia) an der Rückseite des Hausmannturms wurde im Dezember 2023 fertiggestellt. Foto: Pönisch


Prachtstück des Schlosshofes ist der Altan

Seit Dezember letzten Jahres ist mit dem Altan an der Rückseite des Hausmannsturms das letzte Prachtstück fertiggestellt. Wie die Sgraffiti wurde auch dieses Kunstwerk im 16. Jahrhundert von den Brüdern Gabriel und Benedikt Tola aus Brescia in Italien geschaffen und auch dafür gab es nur wenige Entwurfszeichnungen, Kupferstiche und eine Schwarzweiß-Fotografie von 1870. Das Künstlerteam um Bauforscher und Restaurator Matthias Zahn erforschte seit 2011 die Maltechnik der Brüder, erst 2019 begann die farbige Ausgestaltung der vier Geschosse. Und eigentlich gebührt ihnen dafür auch eine umlaufende Widmung.

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