Die Nossener Brücke ist ziemlich desolat und darf ab Dezember nur noch auf zwei Spuren befahren werden. Die Brücke Budapester Straße wird mit zusätzlicher Technik strenger überwacht.
Dresden hat definitiv ein Brückenproblem. Eigentlich drei. Denn nun ist auch klar, wie schlecht es um die Nossener Brücke bestellt ist und dass die Brücke an der Budapester Straße strenger überwacht werden muss.
Nossener Brücke: Neue Risse entdeckt. Nur zwei Spuren noch nutzbar
Die Nossener Brücke wurde im Juni 1964 eröffnet. Sie ist wie die Carolabrücke eine Spannbetonbrücke, besteht jedoch aus vier Brückenbauwerken. In ihrem Innerem wurde ebenfalls Henningsdorfer Stahl verwendet. Jener Stahl, der nach derzeitigen Erkenntnissen für den Einsturz der Carolabrücke verantwortlich sein soll. Dass die Nossener Brücke seit Jahren in schlechtem Zustand ist, ist kein Geheimnis. Der Brückenteil über dem Heizkraftwerk-Gelände erhielt 2021 die Note 3,4. Hohl liegende, gerissene Spritzbetonschale an der Überbau-Unterseite wurde damals bemängelt. Seither gilt Tempo 30 auf der Brücke.
Noch schlechter (Note 3,5) wurde 2022 der Brückenteil über der Fabrikstraße bewertet. Vor allem „Risse und Verformungen im Rahmenriegel“ waren festgestellt worden.
Die weiteren Brückenteile der Nossener Brücke sind ebenfalls in einem schlechten Zustand. Die Brücke über die Zwickauer Straße wurde 2023 mit der Note 2,9, das Bauwerk über die Bahn-Anlagen 2021 mit 3,3 bewertet.
Bei jüngsten Untersuchungen im Oktober dieses Jahres kam es wieder dicke: Drei neue Risse waren im Brückenteil über die Gleise der Deutschen Bahn sichtbar, der längste misst 27 Zentimeter. Das bedeutet, dass voraussichtlich ab Anfang Dezember je Fahrtrichtung nur noch eine Spur für den Verkehr offenbleibt. Ab einer Risslänge von 30 Zentimetern dürfen nur noch Fahrzeuge mit maximal elf Tonnen Achslast (jetzt 13t) über die Nossener Brücke fahren. Das würde das Aus für den Busverkehr bedeuten. Die Reparatur kann laut Aussagen der Stadt temperaturbedingt erst ab April 2025 beginnen.
Im Rahmen des Großprojektes „Campuslinie“ soll die gesamte Nossener Brücke mit ihren vier Brückenbauwerken neu gebaut werden. Die Arbeiten können voraussichtlich erst Mitte 2026 starten. Zuvor muss SachsenEnergie einen Tunnel für die Fernwärme und andere Versorgungsleitungen bauen.
Brücke Budapester Straße: Zwei Messsysteme werden kombiniert
Die Spannbetonbrücke über die Budapester Straße ist eine Schwesterbrücke der Carolabrücke und der Elbbrücke in Bad Schandau. Sie wurde 1967 ebenfalls mit Henningsdorfer Stahl gebaut und ist dabei die älteste der drei Brücken. Nach dem Teileinsturz der Carolabrücke und den neuen Erkenntnissen steht sie nun unter strengerer Überwachung durch gleich zwei kombinierte Messsysteme: eine Schallemissionsmessung und eine faseroptische Dehnungsmessung.
Damit lassen sich Drahtbrüche der Spannstahlbewehrung durch die Schallemissionssensoren direkt in Form von Schallwellen erfassen. Ein Algorithmus vergleicht die aufgezeichneten Werte mit einer Datenbank, in der über 300 Signale von Spanndrahtbrüchen und rund 12.500 Signale von Verkehrsgeräuschen aus anderen Bauwerksüberwachungen oder aus Laborversuchen gespeichert sind. Zusätzlich wird über aufgeklebte Fasern geprüft, ob sich die Brücke bewegt (Dehnungsmessung). Dies wäre ein Hinweis auf einen Spannkraftverlust in der Brücke.
Zur Montage der erweiterten Bauwerksüberwachung wird die Brücke am 23. November von 6 bis 19 Uhr stadtwärts und am 24. November in der gleichen Zeit landwärts voll gesperrt.
19 Spannbetonbrücken in Sachsen werden derzeit untersucht
In Sachsen gibt es 2.514 Brücken. Rund 90 Prozent davon sind in einem sehr guten bis ausreichenden Zustand. „Jedoch hat sich der Anteil der Brückenbauwerke … im schlechtesten Zustandsnotenbereich (3,5 – 4,0 = ungenügender Zustand) seit dem Jahr 2020 wieder erhöht“, heißt es in einem Zwischenbericht zum Zustand der Brücken an sächsischen Staats- und Bundesstraßen, den Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig in dieser Woche dem Kabinett vorlegte.
Vor allem den Spannbetonbrücken aus DDR-Zeiten müsse erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Davon gibt es 19 potenziell betroffene Brücken, die nun einer vertiefenden Untersuchung unterzogen werden – neun auf Bundesstraßen und zehn auf Staatsstraßen.
„Diese 19 DDR-Brücken gelten damit nicht automatisch als einsturzgefährdet, aber auf Grund ihres Materials und ihrer Bauweise müssen wir sie uns besonders gründlich ansehen. Die vertiefenden Untersuchungen haben höchste Priorität“, so Minister Dulig. Erste Maßnahmen umfassen Sonderprüfungen, statische Nachrechnungen, Materialuntersuchungen und die Installation von Monitoring-Systemen.
Ein konkretes Beispiel für die Auswirkungen dieser bisherigen Überprüfungen war die vollständige Sperrung der Elbebrücke in Bad Schandau (B 172) am 6. November. In den kommenden Wochen werden an der Brücke vertiefende Untersuchungen und statische Nachrechnungen durchgeführt. Die Ergebnisse liegen voraussichtlich am Jahresende vor. Dann wird über die weitere Nutzung der Brücke entschieden.
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