Im Schönfelder Hochland liegt der kleine Ort Reitzendorf und dort gibt es mit dem Kleinbauern-
museum ein ganz besonderes Kleinod.
Wer eine Zeitreise antreten will, hat heutzutage viele Möglichkeiten: Es gibt „HistoPads“ für den Museumsrundgang, wo sich leere Räume mittels Augmented Reality und 3D-Inszenierungen mit historischem Leben füllen. Es gibt VR-Brillen zum Aufsetzen und Eintauchen in virtuelle Räume. Es gibt mit „Festung Xperience“ und „Zwinger Xperience“ zwei multimediale Shows, die Besucher mit 360-Grad-Projektionen und stimmungsvoller 3D-Soundtechnologie um Jahrhunderte zurückreisen lassen.
Und dann gibt es noch das Kleinbauernmuseum Reitzendorf, rund 13 Kilometer südlich des Dresdner Stadtzentrums gelegen, mitten im Schönfelder Hochland und zugleich im höchstgelegenen Ortsteil der Landeshauptstadt. Denn ja: Das kleine Reitzendorf gehört seit 1999 zu Dresden.
Für Besucher heute Idylle pur. Für Bauern damals nichts als schwere Arbeit
Um es gleich vorwegzunehmen: Ein Besuch hier lohnt auf jeden Fall, auch wenn es weder HistoPad noch VR-Brille gibt. Eintauchen ins bäuerliche Leben ist trotzdem garantiert. Denn der Dreiseithof, bestehend aus Wohnstallhaus, Scheune und Auszugshaus, ist original erhalten geblieben und fast könnte man meinen, die eigentlichen Bewohner – Familien Naake – seien nur mal kurz unterwegs und kämen gleich zurück. Denn alles, was es zum Leben braucht, findet sich hier im komplett eingerichteten Wohnstallhaus: Unten links die Wohnküche mit uraltem Kachelofen, Herd und hunderten Utensilien des Alltags; genau gegenüber der Eingang zum Stall mit den Buchten für Kühe und Schafe und dem Verschlag für die Hausschweine; die steile Holztreppe führt nach oben in die gute Stube und ins Schlafzimmer, wo die Betten frisch bezogen sind und Kleider zum Lüften am Schrank hängen. Eine begehbare Puppentube, könnte der begeisterte Besucher denken und seufzen „Ach, so idyllisch hier“. Doch das Leben als Kleinbauer war alles andere als Idylle pur. Es war ein schweres, entbehrungsreiches Leben, das sich nach der Natur zu richten hatte und nicht nach einer persönlichen Work-Life-Balance.
Martina Angermann kennt dieses Leben aus eigenem Erleben. Denn das heutige Kleinbauernmuseum gehörte ihren Großeltern. „Bis 1984 hat meine Oma hier gelebt, ein Jahr zuvor war der Großvater gestorben. Ich bin als Kind hier ein- und ausgegangen“, erzählt sie. „In dieser Küche spielte sich das ganze Leben ab. Die gute Stube war tabu. Und außerdem ungeheizt.“ Dann zeigt sie auf die alten Originalfotos an der Wand. Ihre Mutter, ihre Tanten, die Großeltern – Familie halt, hübsch angezogen für den Fotografen. „Sich vor eine Kamera zu stellen war eine Ausnahme. Wozu auch? Das Leben bestand aus Arbeit, es gab kaum Ablenkung.“
Der Heimatverein, das Museum und ein 30-jähriges Jubiläum
Schon in den 1980er Jahren befand eine Handvoll ehrenamtlicher Denkmalschützer, dass der Dreiseithof auf der Schullwitzer Straße erhalten bleiben muss. Doch erst Ende 1991 gründete sich der Heimatverein Schönfelder Hochland e.V., wandelte das bäuerliche Kleinod in ein Kleinbauernmuseum um, das schließlich am 3. Oktober 1992 öffnet. Was bedeutet, dass in diesem Jahr der 30. Geburtstag ansteht. „Den feiern wir natürlich am 21. August mit einem bunten Programm“, sagt Martina Angermann, die übrigens seit vielen Jahren Vorsitzende des Heimatvereins unf fast täglich in „ihrem“ Dreiseithof anzutreffen ist.
Die Zeitreise, die das Museum nun seit einigen Jahren bietet, begeistert vor allem die Stadtkinder, die im Rahmen ihres Unterrichts hier „Omas Waschtag“ erleben, Kräuter im Bauerngarten ernten, den Weg des Getreides vom Korn zum Korn erforschen und lernen, wie aus Schafswolle Kleidung wird. „Viele sind so begeistert, dass sie nach sechs oder acht Wochen mit ihren Eltern und Großeltern wieder hier im Hof stehen“, freut sich Frau Angermann. Der Sprung in die Moderne ist dem kleinen Museum insofern gut gelungen, als dass es einen sehr guten Internetauftritt inklusive 360-Grad-Rundgang hat. Auch so geht Zeitreise heute …
Museumszeiten: April bis Oktober Mo. bis Fr. 9 – 16 Uhr / Sa. So. FT. 13 – 17 Uhr, November bis März Mo. bis Fr. 10.30 – 16 Uhr / Sa. So. FT. 13 – 16 Uhr, Eintritt Erwachsene 3,50€, Kinder ab 4 Jahre 2,50€
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