Dresden. Vier Stunden im Monat – Insassen der Justizvollzuganstalt (JVA) am Dresdner Hammerweg sehen ihre Kinder normalerweise nur in dieser regulären Besuchszeit. Und selbst dann haben ja erst mal die Erwachsenen einiges miteinander zu besprechen. Inhaftierte Väter, das sind hier rund 270 von rund 800 Männern hinter Gittern, dürfen auch nicht einfach so mal ein Geschenk basteln und hinausschicken. Wie soll da über Monate, Jahre eine Eltern-Kind-Beziehung halten?
„Unsere hauptamtlichen Mitarbeiter haben diesen Bedarf festgestellt“, lobt JVA-Direktor Jörn Goeckenjahn deren Idee, einen Verein zu gründen. Denn bei 10 000 Zu- und Abgängen pro Jahr und Personalmangel bleibt ohnehin keine Zeit im Dienst für zusätzliche Angebote. Das Leid und den Verlust der Kinder zu mildern, ist auch nicht ihre Aufgabe.
Mitgefangen e. V. will solchen Kindern helfen. Seit 2011 versuchen die Mitarbeiter in ihrer Freizeit, den Kindern die Trennungszeit zu erleichtern und zu überbrücken. Sie organisieren zwei Stunden im Monat Nachwuchszeit. „Dann verwandelt sich der Besuchsraum in einen Indoor-Spielplatz und die Kinder erleben, dass es anderen Kindern ähnlich geht“, erzählt Katrin Schaefer. Sie machen Fotos von den Vätern. „Die Männer verändern sich in Haft, werden dicker oder dünner, die Haare, der Bart“, weiß Katrin Schaefer. „So bekommen die Kinder etwas Bleibendes in die Hand.“ Ein Aufnahmegerät wurde angeschafft, damit Väter auf CDs ihrem Nachwuchs Geschichten vorlesen können. „Das ist nicht selbstverständlich“, sagt Jörn Goeckenjahn. „Ich bin stolz auf meine Mitarbeiter.“
Dies fand auch die Jury des diesjährigen Jugendhilfepreises EMIL. Übergeben wurde die Auszeichnung für kriminalpräventive ehrenamtliche Arbeit am Freitag am Ort des Geschehens. „Es ist ein flaues Gefühl“, gab Jugendamtsleiter Claus Lippmann zu, als er die Ehrung innerhalb der Mauern der JVA überreichte. Auch Bettina Kusche vom Vorstand der Stiftung für Soziales Umwelt der Ostsächsischen Sparkasse äußerte ihr „beklemmendes Gefühl in diesem Niemandsland“. Doch für die betroffenen Kinder „ist die Adresse Hammerweg 30 das zeitweise Zuhause ihres Papas, das manche verschweigen, um nicht ausgegrenzt zu werden.“
Doch gerade Familienbande helfen nach der Entlassung, einen geraderen Weg einzuschlagen. Die Vereinsleute von Mitgefangen indes entwickeln schon Ideen, was sie mit den dotierten 3 000 Euro tun könnten. „Wir wollen unter anderem Kinderbücher in der jeweiligen Heimatsprache der Familien kaufen“, sagt Vereinschefin Ulrike Mwrowinski.
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