Noch bis zum 6. Januar kann in Halle ein Kunstschatz gehoben werden – mit eigenen Augen.
Ach, diese Marie Henneberg. Ist sie arrogant oder nur der gewöhnlichen Welt etwas entrückt? Wie auch immer sie auf ihren Betrachter wirken mag – ihr Maler Gustav Klimt, das merkt man, war auch ihr Bewunderer. Maries Mann Hugo, der das Werk bei seinem Freund in Auftrag gab, vermutlich ebenso. So entstand dieses opulente Gemälde, für das der Wiener Maler nicht nur Farben, sondern auch Attribute wie Stolz und Sinnlichkeit mischte, was die Dame etwas unnahbar scheinen lässt.
Der ganze Stolz des Kunstmuseums Moritzburg
Das Bildnis der Marie Henneberg ist der ganze Stolz des Kunstmuseums Moritzburg Halle und hat nun mit der Ausstellung zum 100. Todestag von Gustav Klimt einen höchst würdigen Rahmen bekommen. Zehn Gemälde und mehr als 60 Zeichnungen können noch bis zum 6. Januar angesehen werden. Die Sensation jedoch, mit der für die Schau geworben wird – seit Ende des Zweiten Weltkrieges gab es nur vier Ausstellungen des berühmten Jugendstilmalers in Europa – verbirgt sich hinter den Bildern. Extrem lichtempfindliche Bleistiftzeichnungen, oft nur ein Hauch geschwungener Linien, vermitteln eine Ahnung davon, wie Gustav Klimt vom Bleistift zur Farbe kam und von der Idee zum Gemälde.
Bei manch einer Zeichnung fragt man sich vielleicht, warum sie gezeigt wird – wo doch kaum etwas zu sehen ist. Die Antwort: Weil es sie gibt, sie die Schau komplett macht. Und während der Maler seine Modelle auf den Gemälden in besonders bunte, filigran collagenhafte Gewänder kleidete, lässt er sie auf vielen Zeichnungen nackt, mal mit Rühr-mich-nicht-an-Ausstrahlung, mitunter aber auch lasziv und verführerisch. Ihre Betrachter verführen sie alle – Marie, Paula, Margarete, Adele oder Fritza – und zwar zum Hinsehen. Ebenso die schlafende Julia, Amalie mit ihrem offenen Haar oder Eugenia, die in Farbe viel jünger wirkt als auf der Zeichnung.
Interessant: Die Kleider der Frauen sind filigran-eigen, die Gesichter sind es auch, nur ganz anders, fast als würden sie aus verschiedenen Kunstepochen stammen. Dennoch fügen sich beide harmonisch zu einem Ganzen.
Hennebergs Lithografien und Radierungen
Bei so viel Klimt-Faszination droht die Kabinett-Präsentation zu Hugo Henneberg etwas unterzugehen. Dabei sind die Lithografien und Radierungen des Unternehmers durchaus interessant. Übrigens: Auch der Unternehmer starb, wie Gustav Klimt, vor 100 Jahren. Thessa Wolf
Ausstellung bis 6. Januar, täglich 10 bis 18 Uhr, mittwochs und am 24. und 31. Dezember. geschlossen, ebenso am 2. Januar 2019, Eintritt 12, ermäßigt 9 Euro
Nach Halle mit dem Flixbus ab 12 Euro, mit der Bahn ab 20 Euro, www.klimt2018.de
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