Drei Töne hat das Paradies: Braun, Grün und Blau. Joachim Patinir war einer der ersten, vielleicht sogar der erste überhaupt, der im frühen 16. Jahrhundert diese Farbaufteilung – das Bräunliche im Vordergrund, das Grüne mittig und schließlich das Blaue in weiter Ferne – in die Landschaftsmalerei brachte.
Neue Ausstellung
Zuvor hatte die Natur ein eher stilles Dasein als Hintergrund von Heiligenbildern gefristet. Im 16. und 17. Jahrhundert durfte sie dann – zunächst in Flamen – endlich auch einmal die Hauptrolle spielen. Seit vergangener Woche können ihr die Dresdner in der Kunsthalle im Lipsiusbau dabei zusehen. Denn die Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister hat ihren Schatz an flämischer Landschaftskunst aus Sammlungen und Depot geholt, neu zusammen- und ausgestellt. Ergänzt werden die Bilder mit einigen Leihgaben wie auch Zeichnungen und Druckgrafik. „Das Paradies auf Erden“ nennt sich die Schau, die noch bis Januar 2017 gezeigt wird. Oberkonservatorin Uta Neidhardt betont, dies sei nicht nur ein Blick in die Kunstgeschichte, sondern auch einer in das Handwerk der Restauratoren. Seit drei Jahren ist man dabei, einen Bestandskatalog zu erstellen und ausgewählte Schätze zu restaurieren. „Dabei kam uns die Idee, einmal ein Fenster des Projektes zu öffnen und die Menschen hineinsehen zu lassen.“
Der Rundgang beginnt nicht im eigentlichen Paradies bei Adam und Eva, sondern kurz vor der Sintflut. Roelant Savery schuf mit seinem Werk „Vor der Sintflut“ 1620 eine ideale Landschaft mit Noahs Arche im Hintergrund. In weiter Ferne sieht man hohe Berge. Doch während andere Maler ihre Bilder oft nur mittels Fantasie und nach den Erzählungen von Reisenden komponierten, hatte Savery die Alpen zuvor selbst erkundet.
Die Reisenden waren es auch, welche die Natur in der Kunst sozusagen salonfähig machten. Denn mit der Entwicklung der Seefahrt verstärkte sich der Wunsch, ferne Länder zu erkunden. Das Interesse an Geografie und Kartografie wuchs. Und genaugenommen waren die ersten Landschaftsbilder gemalte Karten, so etwa die bildliche Darstellung eines Grundstückes, welches vom Eigentümer für einen Rechtsstreit um einen Kanalbau benötigt worden war.
Ein Aha-Erlebnis hatten die Restauratoren bei der Arbeit am Werk „Landschaft mit dem Urteil des Midas“, welches man Gillis van Coninxloo zuschrieb. Jetzt wissen die Fachleute: Dieser malte Bäume und Berge, der Schriftsteller Karel van Mander fügte den Part im Vordergrund dazu – einen Wettstreit zwischen Apoll und Pan. Bei der Restaurierung wurde auch die Datierung neu angeschaut und klar: Das Bild ist ganze zehn Jahre jünger. Das mag für den Betrachter nicht so sehr ins Gewicht fallen, für die Kunsthistoriker aber war es eine eher traurige
Sensation. „Das Bild galt als das einzige aus Coninxloos Frühphase“, erklärt Uta Neidhardt. Nun wisse man, dass der Nachwelt nicht nur 30 Jahre des künstlerischen Schaffens von Coninxloo fehlten, sondern ganze 40 Jahre. Über die Restaurierung des Bildes gibt es übrigens einen Film, der im unteren Foyer des Lipsiusbaus gezeigt wird. (Thessa Wolf)
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