Gattin, Mutter, Unterpfand: Die Frauen der Wettiner

Wettiner Haus Wettin Fürstenzug
Der weltberühmte Fürstenzug zeigt 94 Herren und ganz am Ende ein kleines Mädchen. Doch hinter den herrschenden Männern des Hauses Wettin standen oft starke Frauen. Foto: Pönisch

Am 8. März wird der Internationale Frauentag begangen. Die Damen des Hauses Wettin erhielten zwar auch Blumen und wurden verehrt. Doch beides – Blumen und Verehrung – konnte schnell vergehen…

Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine Frau. Hinter jeder erfolgreichen Frau steht ein Mann, der sie zurückhält.
Leider ist der Urheber dieses Zitates, von dem die meisten Menschen sicher nur den ersten Satz kennen, nicht bekannt. Vielleicht stammt es ja tatsächlich von einer klugen Frau, die einst am Wettiner Hof lebte.

Denn eins steht fest: Der Fürstenzug, das überlebensgroße Bild eines Reiterzuges an der Rückseite des Dresdner Stallhofs, zeigt tatsächlich 94 mehr oder weniger mächtige Herren der Schöpfung und ganz am Ende des Zuges ein kleines Mädchen. Doch in all den Jahrhunderten gab es auch viele Wettinerinnen, die klug, gewandt, einflussreich und mehr als nur schmückende Staffage waren und durchaus eine wichtige Rolle an der Seite des jeweils herrschenden Gatten oder Geliebten spielten.


Nur leider ist über diese starken Frauen relativ wenig bekannt. Dabei lernten sie von klein auf mehrere Sprachen – schließlich wussten die Eltern ja nie, an welchen europäischen Hof die Tochter verheiratet werden konnte. Ehen wurden strategisch geschlossen, fast nie aus Liebe …


Eheliche Pflichten, Pocken, und Familie von Neitschütz


Christoph Pötzsch hat unzählige Anekdoten über die Frauen der Wettiner zusammengetragen. Zum Beispiel über Eleonore Erdmuthe (1662-1696), die mit Johann Georg IV, dem älteren Bruder August des Starken, verheiratet wurde. „Die Ehe war unglücklich, Johann Georg verabscheute seine Frau. Er soll sogar mit Gewalt gezwungen worden sein, seinen ehelichen Pflichten nachzukommen“, weiß der Historiker. Am Ende konnte Eleonore triumphieren: Ihr Gatte steckte sich bei seiner Geliebten mit Pocken an und starb, ihre aus erster Ehe mitgebrachte Tochter Caroline wurde 1727 englische Königin.


Oder Sybille von Neitschütz: Sie war die (pocken-infizierte) Mätresse jenes Johann Georg IV. und schaffte es mit ihrer willensstarken Mutter Ursula, fast den gesamten Neitschütz-Clan am Hofe zu etablieren. Als sie 1694 von den Pocken dahingerafft wurde, gewährt der Kurfürst ihr ein Staatsbegräbnis mit Grablege in der Sophienkirche. Welch ein Skandal!
Als Johann Georg IV. nur kurz nach seiner Geliebten starb und August der Starke als Nachfolger das Zepter in die Hand nahm, war es mit dem schönen Grab schnell vorbei. Der neue Kurfürst ließ nicht nur den Neitschütz-Clan umgehend verhaften, sondern auch die tote Sybille aus der Sophienkirche schaffen. Sie wurde auf dem Schindanger begraben, wo sonst Tierkadaver und Selbstmörder landeten.


Eine starke Frau war einst auch Maria Antonia Walpurgis (1724-1780). Geboren als Prinzessin aus dem Hause der Wittelsbacher, wurde sie Gattin von Friedrich Christian, der auch ihr Cousin 1. Grades war. Ganze zwei Monate durfte sich der Gatte Kurfürst von Sachsen nennen, ehe er das Zeitliche segnete. Der gemeinsame Sohn war aber erst 13 und so übernahm die Mutter kurzerhand das Regieren für den künftigen Regierungschef. Als der dann 18 und damit volljährig wurde, wollte sie die Macht aber nicht aus der Hand geben. Was tat der Sohn? Er schickte seine liebe Mutter ins „Frau Mutter Haus“.


Gelandet im „Frau Mutter Haus“


In Dresden gab es zwei dieser Häuser. Eins stand auf der Schlossstraße, das andere in der Kreuzgasse. „Formell gesehen dienten diese Einrichtungen der standesgemäßen Witwenversorgung“, erklärt Christoph Pötzsch. Inoffiziell wurden hier aber auch allzu gern jene machthungrigen Supermütter wie Maria Antonia Walpurgis „entsorgt“. Das geschah meist, wenn der Kurfürst starb und die Witwe eben nicht als graue Eminenz weiterregieren sollte.


Heirat mit Hindernissen. Starke Nerven gefragt


Dass die Wettinerinnen am Hofe einiges aushalten mussten, darüber gibt es viele Zeugnisse. Besonders gute Nerven musste aber Maria Ludovica (1745-1792) behalten. Am Tag ihrer Hochzeit 1765, als sie in die Kaiserfamilie der Habsburger nach Wien einheiratete, ging so ziemlich alles schief: Der Kaiser, ihr Schwiegervater, stirbt, die für die Hochzeitsfeier komponierte Oper wurde vom Publikum ausgepfiffen, das Feuerwerk fiel wegen Dauerregens aus und ihr frisch angetrauter Gemahl ließ die Hochzeitsnacht wegen wochenlanger Darminfektion sausen. Immerhin: Maria Ludovica wurde 1790 Kaisern.

Die neue Führung „Gattin-Mutter-Unterpfand: Die Frauen der Wettiner“ hat am 18. März Premiere, Treff ist 9 Uhr am Fürstenzug

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