Am Stadtrand hat jetzt eine bundesweit einzigartige Experimentierstätte Richtfest gefeiert. In zwei Stollen des ehemaligen Eislagers der Felsenkeller-Brauerei bauen das Helmholtz-Zentrum Rossendorf (HZDR) und die TU Dresden einen Untertage-Beschleuniger, um Kernfusionsreaktionen zu untersuchen. Im Detail soll erforscht werden, wie Sterne in ihrem Innern Atomkerne miteinander verschmelzen und schwerere Elemente erzeugen. Das fast 50 Meter dicke Felsgestein über der Stollendecke schirmt die Experimente vor äußeren Einflüssen wie der kosmischen Höhenstrahlung ab.
Der acht Meter lange und zehn Tonnen schwere Pelletron-Beschleuniger wurde Ende April in das tiefste Teilchenlabor Deutschlands eingebaut. Tiefer ist nur Gran Sasso in Italien mit 1,5 Kilometern. 2012 kaufte das Forschungszentrum die Anlage von einem britischen Privatunternehmen, das ihn zur Arzneimittelentwicklung genutzt hatte. Seitdem haben ihn die sächsischen Forscher für neue Aufgaben umgerüstet.
Für die Physiker PD Dr. Daniel Bemmerer vom HZDR und Prof. Kai Zuber von der TU Dresden wird im Herbst ein Traum wahr. Dann werden sie in den tiefen Gängen des Felsenkellers auf Teilchenjagd gehen. „Das gibt uns die Grundlage, um die ersten fundamentalen Stadien, die in allen Sternen ablaufen, zu simulieren“, so Bemmerer. Denn die Sonne gewinnt Energie, indem sie bei 16 Millionen Grad Celsius Wasserstoff zu Helium fusioniert.
Der Felsenkeller-Beschleuniger kann dann Atomkerne auf bis zu fünf Megaelektronenvolt bringen, um Helium- und Kohlenstoffkerne zu Sauerstoffkernen zu verschmelzen. Kai Zuber will die Fusion von Helium-3- und -4-Kernen zu Beryllium untersuchen; Daniel Bemmerer interessiert sich für die Entstehung von Sauerstoff-16-Kernen. Interessierte Wissenschaftler aus aller Welt bewerben sich nun für Fenster in der sogenannten Strahlzeit, von der die Dresdner nur einen Teil nutzen.
Zum Richtfest sagte die sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Dr. Eva-Maria Stange: „Es ist eine sehr schöne Vorstellung, wie aus den Tiefen eines Kellers unter Dresden in die Tiefen der Sterne geschaut wird. Was Milliarden von Lichtjahren entfernt passierte, soll plötzlich ganz nah sein – eine aufregende Vorstellung und im wahrsten Wortsinne eine ,Stern-Stunde‘ für die sächsische Forschung.“
Hinterlasse jetzt einen Kommentar