Veränderte Mobilität in Corona-Zeiten

Dresden will Radwege weiter ausbauen
Foto: Sven Ellger/Archiv

Das Mobilitätsverhalten von Dresdnerinnen und Dresdnern hat sich während der Coronakrise verändert. Sich abzeichnende Trends sind beispielsweise kürzere Wege, weniger Pkw- und ÖPNV-Nutzung, dafür mehr Radverkehr und fußläufige Wege.

Die weltweite Corona-Pandemie hat auch im Dresdner Stadtverkehr deutliche Spuren hinterlassen. Der Lockdown und die verschiedenen Lockerungsphasen haben zu einer deutlichen Verschiebung des Verkehrsaufkommens und einem anderen Mobilitätsverhalten geführt. Das Stadtplanungsamt hat zusammen mit der Technischen Universität (TU) Dresden beides untersucht. Sich abzeichnende Trends sind: kürzere Wege, weniger Pkw- und ÖPNV-Nutzung, dafür mehr Radverkehr und fußläufige Wege, veränderte tageszeitliche Verteilung der Aktivitäten und des Unterwegsseins (Abflachung von Verkehrsspitzen).

„Der Lockdown und die verschiedenen Lockerungsphasen haben zu einer deutlichen Verschiebung des Verkehrsaufkommens und einem anderen Mobilitätsverhalten geführt. Mit Blick auf unsere Umwelt und eine lebenswerte Stadt stellt sich die Frage, ob dieses geänderte Verhalten beim Arbeiten, Einkaufen, in der Freizeit oder beim Reisen anhalten wird und wie die Landeshauptstadt Dresden einen solchen Trend unterstützen kann“, umreißt Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen in Vertretung des Verkehrsbürgermeisters die Herausforderung.

Verkehrliche Analysen für die Lockdown-Phase

Das Stadtplanungsamt hat die Verkehrsentwicklung von Anfang März bis Ende Mai 2020 analysiert. Dafür wurden Daten aus verschiedenen Quellen – insgesamt etwa 18 000 Datensätze – ausgewertet: Daten aus automatischen Pegelzählstellen des Kfz- und Radverkehrs, aus automatischen Zählsystemen in Straßenbahnen, Stadtbussen und S-Bahnen sowie die Nutzungszahlen von Taxi, teilAuto, SZ-Bike und Clevershuttle. Der Trend in der Corona-Pandemie kann auch mit Daten aus dem Vorjahr verglichen werden. Die Untersuchung soll Antworten auf Fragen geben, darunter: Welche Trends lassen sich zuverlässig erkennen und vergleichen? Welche Verkehrsarten wurden am stärksten beeinflusst? Können kurzfristige von langfristigen Effekten unterschieden werden?

Längerfristige Analysen sind notwendig zu Fragen wie: Gibt es eine andere Verteilung des Verkehrs über den Tag? Welche Effekte haben Homeoffice oder Homeschooling auf den Stadtverkehr? Gibt es einen Online-Shopping-Effekt im Bereich Mobilität, zum Beispiel durch mehr Lkw-Verkehr? Sind neue Verkehrsmittel-Präferenzen durch Hygieneauflagen entstanden?

Erhebung zum Mobilitätsverhalten während Corona-Pandemie per App

Neben den verkehrlichen Analysen hat das Stadtplanungsamt eine Untersuchung zum Mobilitätsverhalten der Dresdnerinnen und Dresdner initiiert. Hierfür ermöglichte die TU Dresden kurzfristig die Nutzung der App TravelVu im Projekt „Dresden in Bewegung – Stadtverkehr in besonderen Zeiten“. „Mit der Erhebung von Verhaltensdaten per App ist Dresden ein Pilot-Anwender dieses neuen Erhebungsinstruments in Deutschland. Aus keiner anderen deutschen Stadt ist die Erfassung der Mobilität in Corona-Zeiten durch Nutzung einer App bekannt“, beschreibt Professorin Regine Gerike von der Fakultät Verkehrswissenschaften der TU Dresden die Vorreiterrolle Dresdens für die wissenschaftliche Entwicklung von neuen Erhebungsmethoden zum Mobilitätsverhalten. Vom 4. Mai bis 30. Juni 2020 konnten Teilnehmer freiwillig smartphone-basiert ihre Wege über eine Woche oder länger aufzeichnen lassen. Diese Längsschnitterhebung gibt Einblick ins Mobilitätsverhalten einer Gelegenheitsstichprobe in unterschiedlichen Lockerungsphasen. Insgesamt steuerten die ausschließlich über Öffentlichkeitsarbeit gewonnenen Dresdnerinnen und Dresdner für über 7.000 Tage Datensätze ihrer Mobilität zur Auswertung bei. „Ich danke herzlich allen, die mitgemacht haben. Die Ergebnisse sind eine wichtige Grundlage, das Dresdner Verkehrssystem zukunftsfähig und noch krisensicherer zu gestalten,“ sagt Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen.

Nicht überraschend ist, dass sich überwiegend Berufstätige an dieser Erhebung beteiligt haben. So zeigen die Daten für diese Bevölkerungsgruppe markant auf, wie sich die Verkehrsmittelnutzung entwickelt hat, zu welchen Zwecken die Menschen wie oft, wie weit und wie lange unterwegs waren. Auch wenn der Untersuchung dem allgemeinen Verständnis nach keine „repräsentative“ Stichprobe zugrunde liegt, so geben die Ergebnisse doch hinreichend Aufschluss über das Verhalten der Berufstätigen in Corona-Lockerungsphasen. Es lassen sich Trends abbilden, die sich eingestellt haben oder sich scheinbar entwickeln und welche sich bei Folgeerhebungen, spätestens beim regulären SrV 2023 (Haushaltbefragung „System repräsentativer Verkehrserhebungen“ alle fünf Jahre) bestätigen oder auch nicht.

„Wichtig ist, dass wir die Entwicklung weiter beobachten und Informationen bekommen, ob sich die Änderungen bei Arbeitszeitmodellen und Verkehrsverhalten zu Corona-Zeiten möglicherweise verstetigen. Dann müssen wir Corona-bedingte Entwicklungssprünge in städtische Planungen einfließen lassen, vor allem in die Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans“, erläutert Eva Jähnigen die Strategie zum Umgang mit den Ergebnissen.

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