Bis 6. Oktober lief in Dresden eine Aktionswoche gegen Lebensmittelverschwendung. Einer, der es damit sehr genau nimmt, ist Ronny Zenker. Mit seiner kleinen Firma „Bailando“ rettet er Obst und Gemüse vor der Vernichtung.
Bailando kommt aus dem Spanischen und heißt „tanzen“. Ronny Zenker und seine Frau Ilka tanzen sehr gern, lieben vor allem Salsa.
Zum Tanzen bringt Ronny Zenker aber auch Obst und Gemüse – zumindest suggeriert das der Name der kleinen Firma, die der 35-Jährige im Sommer vor einem Jahr gegründet hat. „Bailando“ heißt sie und der Werbeslogan dazu lautet „Unser Gemüse tanzt vor Freude“.
Zum Wegwerfen zu schade. Für Aufstriche noch sehr lecker
Ronny Zenker ist Lebensmittelretter aus Überzeugung und mit großer Leidenschaft. Und deshalb rettet er Obst und Gemüse vor dem Müll und bereitet daraus leckere Aufstriche und Chutneys. Drei süße und fünf herzhafte hat er im Angebot, darunter zum Beispiel Erdbeer-Basilikum und Pflaume-Chili oder Paprika-Chili, Champignon und Karotte-Curry. „Das ändert sich natürlich ständig und hängt davon ab, was ich bekomme“, sagt er.
Seine „Lieferanten“ sind dabei zwei Großhändler in Radebeul und Moritzburg, die wiederum Hotel, Restaurants und Lebensmittelmärkte wie Rewe beliefern. Einmal pro Woche kann Zenker bei „seinen“ zwei Händlern kostenlos oder für kleines Geld abholen, was ansonsten weggeworfen würde. Im Schnitt kommen so um die 50 Kilo Obst und Gemüse pro Monat zusammen. Nach selbst entwickelten Rezepten stellt er daraus seine Aufstriche her – etwa 30 bis 50 Gläser pro Woche, je nach verfügbarer Ausgangsmenge. Ein eigenes Ladengeschäft für den Verkauf lohnt bei dieser geringen Menge natürlich nicht. „Die Produkte können online bestellt und bei mir auf den Marktschwärmer-Märkten abgeholt werden.“
Weil Ronny Zenker seine „Bailando“-Produkte zu gewerblichen Zwecken anrührt und verkauft, darf er das natürlich nicht ohne weiteres am heimischen Herd machen. „Da sind die Hygiene-Bestimmungen sehr streng“, lacht er. Deshalb kann der Dresdner als Produktionsstätte das „Café Gemüsetorte“ in Pieschen nutzen.
Foodsharing und Foodsaver: Auch das mit Herzblut
Mit dem Thema Lebensmittel befasst sich Ronny Zenker schon lange. Als studierter Gesundheitswissenschaftler hat er zum Beispiel am Uniklinikum Dresden Studien betreut, die den Zusammenhang von Ernährung und Krankheit untersuchen. „Doch auf Dauer war das nicht mein Ding.“ Heute verdient Zenker seinen Lebensunterhalt bei der Verbrauchergemeinschaft (VG), wo er als Koch im VG-eignen Bistro für leckere Suppen, Aufläufe, Kuchen und Salate sorgt.
Seine zweite große Leidenschaft neben dem Tanzen gehört dem Thema Foodsharing. Damit ist das Teilen von überschüssigen Lebensmitteln gemeint, egal ob es sich um Obst und Gemüse, eingeschweißte Käste- und Wurstwaren, Brot, Brötchen und Gebäck oder um übrig gebliebene Speisen in Restaurants und Kantinen handelt. Sogenannte Foodsaver (Essenretter), zu denen sich auch Ronny Zenker zählt, holen die Lebensmittel bei Händlern, in Supermärkten und Restaurants ab, bereiten sie für sich oder die Weitergabe an Dritte auf und beliefern damit unter anderem die sogenannten Fairteiler. Das sind Ausgabestellen in Form von Regalen, Kühlschränken oder auch Fahrrädern, die mit entsprechenden Transportkisten ausgestattet sind. 23 solcher Fairteiler finden sich verteilt im gesamten Stadtgebiet und genutzt werden sie derzeit von rund 2.000 Menschen. „Darunter sind sicher viele Leute, die mit eher schmalem Geldbeutel jeden Cent umdrehen müssen. Aber viele sind auch Foodsaver aus tiefster Überzeugung. Denn Lebensmittelverschwendung ist etwas, das endlich ein Ende haben muss – zumindest in dieser Dimension.“ Denn ein Drittel aller Lebensmittel weltweit, erklärt Zenker, landen nicht auf Tellern, sondern im Müll. Besondern in den Industrieländern, wo Lebensmittel immer und überall verfügbar sind, sei die Verschwendung sehr hoch und gesellschaftlich auch nicht besonders geächtet.
Foodsharer und Foodsaver sind also, so könnte man es auf den Punkt bringen, umweltbewusste Robin Hoods, die Überschüssiges retten und weitergeben. Seit Foodsharing vom zehn Jahren entstand, ist die Umweltinitiative kräftig gewachsen – weltweit und auch in Dresden. Hier gibt es mittlerweile um die 90 Betriebe, die das Zuviel an Lebensmitteln abgeben und um die 300 aktive Foodsaver, die selbige abholen, aufbereiten und verteilen. Ronny Zenker hat in Punkto Lebensmittelrettung noch viele Pläne: Er will künftig Ost und Gemüse direkt bei Bauern abholen, in noch mehr Workshops über das Thema informieren und ein Bailando-Catering aufbauen. Zeit zum Tanzen? „Bleibt immer noch“, lacht er.
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