Wer kennt es nicht, das Märchen vom Rotkäppchen und dem bösen Wolf? Ob Buch oder Schallplatte, Puppentheater oder Trickfilm – fast jeder ist der Kleinen schon in irgendeiner Form begegnet. Was die meisten jedoch nicht wissen: Den „Plot“ gab es lange vor den Brüdern Grimm. Er stammt vermutlich aus Frankreich und handelt von einem junge Mädchen, das einen (Wer-)Wolf oder ähnlichen Unhold trifft. Eine Geschichte, die Kindern wie Erwachsenen zur Warnung erzählt wurde, und meist auch nicht so gut ausging wie heute.
Internationale Märchenstoffe
„1697 taucht der Stoff in einer Sammlung von Charles Perrault auf“, sagt Andrea Rudolph, Kustodin im Dresdner Stadtmuseum. „Dort lässt sich das kokette Mädchen, das erstmals mit roter Kappe beschrieben wird, vom schmeichelnden Wolf verführen.“ In Ludwig Tiecks Versdrama von 1800 fehlt diese erotische Komponente; dafür fügt er den bestrafenden Jäger hinzu. „Die Brüder Grimm kannten Volkserzählung, Perrault und Tieck – und schrieben den Stoff für ein neues Zielpublikum um. In ihrem Märchen ist die Heldin ein unschuldiges Kind, das am Ende mit dem Schrecken davonkommt.“
Rotkäppchen ist nur eins von zwölf populären Märchen, die die Weihnachtsausstellung im Stadtmuseum unter die Lupe nimmt. An seinem Beispiel geht Andrea Rudolph der Frage nach, wie sich ein Märchen verbreitet und schließlich ins Buch gelangt. Dornröschen steht für den Weg auf die Bühne, Schneewittchen für die Rezeption in der bildenden Kunst und Aschenbrödel – wie sollte es anders sein – für den Film. „Am Gestiefelten Kater zeigen wir, wie international Märchenstoffe sind. Die Geschichte von einem gewitzten Tier, das seinem Herrn zu sozialem Aufstieg verhilft, gibt es in ganz vielen Kulturen.“
Mitmachstation und Kinderkino
Im Mittelpunkt eines jeden Kapitels steht eine bemalte Figurengruppe aus Holz, hergestellt von der Firma Egon Umbreit aus Eibenstock. 1946, so Andrea Rudolph, seien die rund 30 Zentimeter großen Figuren nebst Häusern und Bäumen erstmals ausgestellt worden; 1947 waren sie auf der Dresdner Weihnachtsmesse zu sehen. Seit 1980 sind sie im Besitz des Stadtmuseums, das aus dem Nachlass der Gestalterin kürzlich auch „Hintergrundmaterial“ erhielt. „Das brachte uns auf den Gedanken, neben den Märchen selbst ihre Popularisierung zu zeigen.“ Hinzu kommen spannende Details aus der Kategorie „Wussten Sie schon?“.
Familien können sich außerdem auf Mitmach-Stationen, Defa-Trickfilme im Kinderkino und die Modelleisenbahnanlage im Nebenraum freuen. Ein Rätselheft führt kindgerecht durch die Ausstellung, dazu gibt es eine ruhige Ecke mit Büchern und Spielen. „Vier weitere Häuser in unserem Verbund nehmen das Thema auf“, ergänzt die Kustodin. „So werden im Palitzsch-Museum Märchen von Sonne, Mond und Sternen erzählt, und im Weber-Museum wird ein multimediales Märchenmusikprogramm aufgeführt. Märchen finden immer wieder neue Wege zu den Menschen und bleiben so lebendig.“
Stadtmuseum Dresden: Vom Märchen, das auszog, erzählt zu werden;
geöffnet bis 3. März 2019,
jeweils dienstags bis sonntags 10 bis 18 Uhr, freitags bis 19 Uhr
(24., 25. und 31.12. geschlossen, 1.1. ab 14 Uhr)
Weitere Infos? www.stmd.de
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