Auf ihrem Spaziergang durch Coschütz lädt Anwohnerin und Igeltour-Gästeführerin Kathrin Wilhelm zu einer Zeitreise durch die Jahrhunderte ein. Schon der Name des Dresdner Stadtteils lässt tief in die Geschichte blicken. Eher hilflose Deutungsversuche reichen von Weidenkorb über Leute des Kosch bis schiefe Ecke und haben nur einen gemeinsamen Nenner: den slawischen Ursprung.
Denn diese Siedler sind seit dem 7. Jahrhundert belegt, ebenso wie die Landnahme durch Franken und Thüringer im 12. Jahrhundert. Unter den neuen Grundherren schlossen sich die ansässigen Slawen nach deutschem Recht zu Dorfgemeinschaften zusammen, deren Grundstücke sich fortan um einen Platz herum gruppierten.
Nach der Form des sächsischen Rundlings – an den auch der Weiler Altcoschütz erinnert, an dessen Sackgassenende die Rundgangsleiterin selbst lebt – ist ein Neubau am Achtbeeteweg benannt. Denn dessen 18 Wohnungen umschließen einen Innenhof, der Platz für gemeinsame Feiern und einen Wintergarten bietet. Das 1998 euphorisch gestartete, selbst verwaltete Wohnprojekt erlebte nach zwei Jahren ein böses Erwachen. Die Baufirma war insolvent und die Versicherung des Wiener Architekten Fritz Matzinger zahlte einfach nicht. Den Bauherren blieb nichts anderes übrig, als ein zweites Mal tief in die Taschen zu greifen und die Schäden auf eigene Kosten zu beseitigen.
Schräg gegenüber prangt das ehemalige Rathaus des 1921 eingemeindeten Ortes. Den Ratskeller betrieb bis in die 1950er Jahre Max Rahm. Der frühere Oberkellner auf der Bastei verbrachte seine Freizeit mit Bergsteigen in der Sächsischen Schweiz. Mit 23 Jahren beging er 1895 mit seinem Arbeitskollegen Hanke den später nach den beiden schwindelfreien Sportlern benannten Kletterweg Rahm-Hanke unterhalb der Basteibrücke. Auf Leute, die zu viel oder zu wenig Sport treiben, wartet im ehemaligen Ratssaal heute eine Physiotherapie.
Schweinegrunzen
Denn heilkräftiges Wasser gibt es nicht mehr. Als 1899 der Dorfteich abgelassen wurde, stritten laut Richard Naumann – einem Maler, der ein Büchlein über Coschütz verfasst hat – die Anwohner „um die gesundete Karpfenherde“, die man Jahre zuvor in krankem Zustand ausgesetzt hatte.
Um den zugeschütteten Teich stehen unter anderem ein traditionsreicher Gasthof und der Ulmenhof. Das ökologisch sanierte Dreiseitgehöft aus dem 17. Jahrhundert, in dem Schweine grunzen, Schrottplastiken stehen und ein Keller zu Lesungen und Kulinarik einlädt, lässt sich im Mai zu „kunst offen“ und im November zum Tag des offenen Ateliers besichtigen.
Der Salbei-König
Coschützer Persönlichkeiten wie den Großvater des Bauernastronomen Johann Georg Pahlitzsch, den Opernsänger Rudolf Dietrich oder den Salbei-„König“ Martin Köhler erwähnt Kathrin Wilhelm unterwegs ebenso wie ein Kupferbergwerk, das nie Kupfer fand, oder eine temporäre Münzschmiede, die Silbertaler produzierte,.
Denn der historische Plauensche Grund und seine Veränderung durch die Industrialisierung zeigt ein Idyllischer Wegabschnitt, der an Brauereigelände, früherem Künstlertreff und zeitgenössischer Wagenburg vorbeiführt bis zum Bienert-Wanderweg, wo sich Fledermaus und Eisvogel Gute Nacht sagen.
Abschied nimmt die Rundgangsleiterin an der Bienertmühle, nachdem sie deren Geschichte bis in die jüngste Gegenwart geschildert hat. Nach zweieinhalb Stunden endet die faktenreiche, kurzweilige Zeitreise, die bis zum 325 Millionen Jahre alten Magma, dem im Straßenbau verwendeten Monzenit, zurückreicht.
Termine:
16.7., 10 Uhr sowie 20.8. und 8.10., jeweils 14 Uhr ab Straßenbahnhaltestelle Linie 3 Achtbeeteweg stadtauswärts; Karten zu 8/ermäßigt 6 Euro ohne Anmeldung am Treff
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Igeltour, Löwenstr. 11/Zugang Bautzner Str. 46b, Mo. bis Do., 10 bis 16 Uhr, Fr., 10 bis 14 Uhr, Tel. 0351 8044557,
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