Dresden. Es klingt wie im Krimi: Keiner der Verdächtigen konnte bislang überführt werden, erklärt Marion Ackermann, Chefin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD). Nach der Schließung des Münzkabinetts im März (DAWO! berichtete) wegen des rätselhaften milchig-weißen Belags auf rund 100 Silbermünzen und -medaillen hatten Experten verschiedener Fachgebiete fieberhaft nach den Ursachen gefahndet. Mehrere Gutachten identifizierten statt des erwarteten Silberoxids Silberchlorid, das „die gewachsene Patina zersetzt“, sagt Rainer Grund, Chef des Münzkabinetts. Die natürliche Schutzschicht auf nicht konservierten Objekten macht zwar oftmals erst deren historischen Wert aus. Um weitere Gefährdungen auszuschließen, wurden aber sämtliche 3.300 Ausstellungsstücke ins Depot verbracht. Dort werden sie nun restauratorisch gereinigt und lackiert.
„Zum jetzigen Zeitpunkt kann nicht mit Gewissheit das Ursachengeflecht für die Entstehung des Silberchlorids benannt werden“, so Rainer Grund. Die herangezogenen Experten aus vergleichbar bedeutenden Sammlungen in Berlin, München und Wien staunten jedenfalls nicht schlecht: „Das aufgetretene Phänomen ist in der Fachwelt bisher nicht bekannt.“ Unter Aufstellung aller nur denkbaren Hypothesen wurden die Bedingungen in den Räumen und in den entkoppelten, klimatisierten Vitrinen untersucht, von den verwendeten Materialien bis zur Luft. „Es fanden sich keinerlei Hinweise, die die Entstehung des Silberchlorids eindeutig erklären würden.“ Selbst das renommierte Fraunhofer Institut für Holzforschung Braunschweig, das auf Schadstoffe in Museen spezialisiert ist, konnte keine belastbaren Anhaltspunkte ausmachen.
Unter der Messbarkeitsgrenze
Man ging im Ausschlussverfahren vor. Doch weder die PVC-Schläuche noch Unterlegplatten oder Bespannungstextilien oder gar Raumreinigungsmittel lieferten Indizien für die Herkunft des Chlors. „Auch im Vergleich der betroffenen mit den unversehrten Münzen ließ sich kein Muster erkennen“, sagt Mitarbeiter Michael Mäder. Von der Antike bis zur Neuzeit seien unterschiedlichste Objekte angegriffen gewesen. „Möglicherweise liegen die Ursachen unterhalb der Messbarkeitsgrenze, wir forschen weiter.“
Stattdessen fanden sich andere Schadstoffe: Ammoniak und Essigsäure. Daher wurden Filter ausgetauscht, Systeme gereinigt, Abdichtungen und interne Abläufe optimiert. „Wir werden den Patienten engmaschig beobachten“, verspricht Marion Ackermann. Unter diesen Voraussetzungen habe man sich dazu durchgerungen, die Dauerausstellung wieder einzurichten und zu öffnen. Die Konservierung von rund 1.400 silbernen Münzen und Medaillen wird bis Dezember abgeschlossen sein, sodass das Münzkabinett vor Weihnachten wieder dem Publikum im Dresdner Residenzschloss zugänglich sein soll.
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