Der ADFC zieht Bilanz für das vergangene Jahr und sieht noch viel Luft nach oben.
Ohne Frage: Immer mehr Dresdnerinnen und Dresdner steigen aufs Rad. Und doch ist hier viel Luft nach oben, denn viele zögern nach wie vor, ihre Alltags- und Freizeitwege mit dem Fahrrad zurückzulegen, weil sie sich an vielen Stellen in Dresden auf dem Rad nicht sicher fühlen. Die vielen kritischen Stellen, ob nun fehlende, plötzlich aufhörende oder zu schmale Radwege sind der Stadt alle bekannt, die allermeisten stehen im Radverkehrskonzept der Landeshauptstadt, welches der Stadtrat im März 2017 beschlossen hat. Zu Beginn des fünften Umsetzungsjahres des Konzeptes ist die bisherige Bilanz erneut ein wenig mager. Im vergangenen Jahr wurden von der Stadt nur zwölf Maßnahmen auf die Straße gebracht, womit nach ADFC-Rechnung ein Erfüllungsstand von nur rund 16 Prozent der 447 Einzelmaßnahmen erreicht wurde. Liest man die Präsentation für 2022 aufmerksam, werden es dieses Jahr neun sein.
„Sicher, und das hat die heutige Pressekonferenz des Baubürgermeisters erneut gezeigt, sind das Amt für Stadtplanung und Mobilität sowie das Straßen- und Tiefbauamt weiter durchaus fleißig bei der Umsetzung des Radverkehrskonzeptes. Es wird viel geplant und beraten“, konstatiert Edwin Seifert, Geschäftsführer des ADFC Dresden. „Auch die Installierung einer Radverkehrskoordinatorin direkt beim Baubürgermeister ist gut und wichtig. Doch leider geht es weiterhin nur langsam voran, wenn man auf Dresdens Straßen schaut. So wurden beispielsweise fünf in der Pressekonferenz vom Februar letzten Jahres für 2021 versprochene Umsetzungen nicht Realität, darunter so ein Dauerbrenner wie die Ost-West-Querung des Fetscherplatzes, eine Markierungsmaßnahme die schon für 2019 versprochen war.“
Die ursprüngliche Idee des Radverkehrskonzeptes, ein zusammenhängendes Hauptnetz für den Alltagsradverkehr durch das Schließen von rund 450 Lücken zu schaffen, kann von Laien weiterhin nicht wahrgenommen werden. „Wenn die Radroute Tolkewitz- Straßburger Platz mit ihren Fahrradstraßen ab diesem Jahr umgesetzt wird und wie versprochen im nächsten Jahr fertig ist, dann wird das Engagement der Stadt in Sachen Radverkehr sichtbarer. Gleichwohl wird auch dieses Projekt nichts daran ändern, dass das Ziel das Radverkehrskonzept innerhalb von 10 Jahren umzusetzen, absehbar verfehlt werden wird“, so Seifert.
In den letzten 3-4 Jahren hat die Stadtverwaltung nur ca. 12-13 Maßnahmen pro Jahr geschafft statt 45, die nötig wären. Nimmt man die nach ADFC-Zählung etwa 70 geschafften Maßnahmen als Ausgangspunkt, müsste die Stadt um das 10-Jahres Ziel bis 2027 zu erreichen, monatlich fünf Verbesserungen der Radinfrastruktur auf die Straße bringen. „Gleichwohl erkennen wir an, dass das Engagement zur Umsetzung des Radverkehrskonzepts dank der eingestellten Radverkehrsplaner spürbar zugenommen hat“, so der Geschäftsführer des ADFC Dresden. „Dennoch: Wir haben seit 2015 Baubürgermeister, die sich deutlich zum Radverkehr bekennen, da wäre ein besserer Output schon zu erwarten und auch möglich. Hoffen wir dass 2022 mehr passiert als in der Ankündigung von heute. Die Radverkehrskoordinatorin wird, so unsere Erwartung, sicher zur Beschleunigung beitragen. Eine Möglichkeit, die Bilanz zu verbessern wäre, schnell Umsetzbares auf die Straße zu bringen, wie reine Oberflächensanierungen, im Radverkehrskonzept stehen allein 28 davon, oder reine Ummarkierungen von Abbiegespuren zu Radspuren.“
Sieht man sich die Radprojekt-Ankündigungen für 2021 an, so sind zahlreiche für den Radverkehr wichtige Strecken dabei, etwa die Bautzner Straße oder die Karl-Marx-Straße. Auch dass Fahrradstraßen vermehrt eingerichtet werden sollen und weitere Rotmarkierungen auf die Straßen kommen, ist sehr zu begrüßen. Zu hoffen ist auch, dass endlich auch die neuen Verkehrszeichen zum Einsatz kommen. Dazu ist ein Arbeitsprogramm angekündigt. Der Grünpfeil für Radfahrende und das Überholverbot von einspurigen Fahrzeugen werden jedenfalls früher kommen als die Radvorrangrouten, deren Planungen noch in den Kinderschuhen stecken. Wieder nicht Realität werden so Dauerbrenner wie der Lückenschluss am rechtselbischen Elberadweg zwischen Altwachwitz und Hosterwitz, obwohl schon 2009 vom Stadtrat beschlossen. „Begriffe wie ‚Querschnittsbetrachtungen‘ und ‚Komplexe Gestaltung‘ lassen zudem vermuten, dass noch Jahre ins Land gehen, bevor an diesen Stellen die Bedingungen für den Radverkehr sicher werden“, so Seifert. „Es handelt sich dabei meist um Straßenabschnitte, wo Radwege dazu führen würden, dass sich Autos und Straßenbahn eine Spur teilen müssten, oder wo Parkplätze oder Autospuren wegfallen müssten. Hier schimmert klar ein Zögern durch. Dabei geht doch gemäß Straßenverkehrsordnung die Vision Zero eindeutig vor gegenüber dem Verkehrsfluss des Autoverkehrs! Alles in allem, bleibt der Ausblick der Stadtverwaltung auf die Radprojekte in diesem Jahr mit neun Umsetzungen von Radverkehrsmaßnahmen erneut ein wenig mager. Die Schlagzahl bei der Umsetzung des Radverkehrs wird sich wohl auch 2022 kaum steigern.“
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